Wir sind gerade mitten im Sommer. Deshalb heute ein Thema zum Nachdenken am Strand (oder wo auch sonst Sie sich gerade aufhalten).
Oft halten wir die Art und Weise, wie wir etwas wahrnehmen oder tun, als die einzig wahre oder mögliche. Das gilt nicht nur für einzelnen Personen – wie Sie und mich – sondern auch für ganze Kulturen und Gesellschaften.
Ein Beispiel dafür ist die Wahrnehmung und der Umgang mit Zeit.
Für uns alle läuft die Zeit kontinuierlich, und wir müssen uns diesem Zeit-Diktat beugen. Jeder Tag hat 1440 Minuten, es gibt Termine, die klar definiert sind (jedenfalls in derselben Zeitzone), der Zug fährt um 8:42 Uhr, und so weiter.
Dieses Verständnis der Zeit als etwas Absolutem ist so tief in uns verankert, dass wir gar nicht realisieren, dass es ein relativ neues Konzept ist. So richtig durchgesetzt hat es sich erst mit der Industrialisierung.
Die alten Griechen hatten einen Gott dafür: Chronos. Es gab aber auch einen anderen Gott (ein Sohn von Zeus), der sich um Zeit kümmerte: Kairos.
Kairos kennt keine absolute Zeit, sondern die Qualität der Zeit. Und bis vor etwa 200 Jahren haben die meisten Menschen danach gelebt.
Die Tage gingen meist von Sonnenauf- zu Sonnenuntergang. Was wir in dieser Zeit machten, hing zum grossen Teil von der Saison und der Umgebung ab. Es wurde auf qualitative Ergebnisse gezielt, nicht nach dem Einhalten eines Fahrplans.
Aus unserer Kindheit kennen wir das: wir können ganze Tage füllen mit Abenteuer, Kreativität und Entdeckung, ohne auch nur einmal auf die Uhr zu schauen.
Wenn wir im “Flow” sind, kennen wir das ebenfalls: Unsere grösste Produktivität erreichen wir, wenn wir eben nicht auf die Uhr schauen, sondern tief in der Aufgabe versinken.
Und wir kennen das – hoffentlich – vom Urlaub, wenn wir den Tag spontan verbringen und erst merken, dass er vorbei ist, wenn die Sonne langsam versinkt.
Früher hatte ich auf meinen Interrail-Rucksacktouren Tage voller Kairos und mit ganz wenig Chronos (und das nur, um die Züge und Busse zu erreichen, wobei diese damals in Spanien und Italien häufig auch eher nach Kairos als nach Chronos verkehrten).
Und als Berater arbeite ich heute auch immer nach Kairos: Die Ergebnisse in möglichst kurzer Zeit zählen, nicht meine eingesetzte Zeit (Chronos). Deshalb lasse ich mich auch immer für die Arbeit an Zielen bezahlen, nie für die eingesetzte Zeit – aber das ist ein anderes Thema.
Was folgt aus alledem? Nun, unsere Natur, unser Wohlbefinden und meist auch unsere Arbeitsergebnisse funktionieren viel besser nach der Kairos-Zeitrechnung.
Stress und Sorgen hingegen kommen fast immer von zu viel Chronos.
👉 Hier meine Frage an Sie: Wie können Sie mehr Kairos-Zeit in Ihre Tage einbauen?
So, und ich schaue jetzt mal, was ich nun tue. Vielleicht auch nichts. Happy Kairos!
"Unsere Vorstellung von Zeit ist eine Konstruktion unseres Geistes. Sie ist relativ und kann von Person zu Person unterschiedlich empfunden werden."
– Eckhart Tolle
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